Nu assis (um 1930)
Obwohl
sich in den zahlreichen, von Wehrlin rege gefüllten Skizzenbüchern
viele Aktskizzen finden, gibt es zu dieser konkreten Aktstudie keine
es keine direkten zeichnerischen Vorstufen, ja es scheint, als habe
der Künstler hier direkt in Kaltnadeltechnik in die Platte
gezeichnet und später direkt korrigiert .
So zeigt der erste Zustand in feiner Kaltnadelzeichnung eine entspannt
auf einem Fauteuil sitzende nackte Frauenfigur mit halblangem Haar,
die nach links schaut. |
Kaltnadel erste Zustand 1930 |
Im
zweiten Zustand wird der Kopf überzeichnet. Er wird grösser
und geradeaus gerichtet, der Blick gesenkt; folgenreicher wirkt
sich die Korrektur im Bereich der Beine aus: sie werden nach rechts
in, die Mitte, gerückt, was die ganze Position der Sitzenden
verändert, so eigentlich eine neue Aktfigur begründend. |
Kaltnadel zweite Zustand 1930 |
Im dritten Zustand - immer noch in Kaltnadeltechnik
- ist der erste Zustand ausgewischt und korrigiert. Der Akt wird
ganz hell ins Zentrum gerückt, während der untere Bereich
der Beine wie auch der Fauteuil und die Umgebung von kräftigen
Schraffuren verdeckt werden. Der recht Arm bleibt nur angedeutet.
Im 5. Zustand hat Wehrlin die Radierung nun mit tusche und weisser
Gouache lavierend übermalt. Dabei verschwindet der rechte Arm
völlig. die Beine hingegen werden wieder betont. Der Hintergrund
wird nun akzentuierter und kompakter, unten dominieren Schwarztöne,
oben hellere Töne. |
Kaltnadel mit Tusche und gouache 5.
Zustand |
In der Folge wird der retuschierte Zustand graphisch, mit Kaltnadel,
umgesetzt. Der Einsatz von Aquatinta ermöglicht noch dunklere
Tonwerte. links betont zusätzlich ein quadratisches Wandmuster
den Raumcharakter, während der ursprüngliche Fauteuil
kaum mehr zu sehen ist. In den folgenden, zum teil mit tusche überarbeiteten
Fassungen werden der Fauteuil wie auch der rechte Arm wieder stärker
betont, der linke wird eingeknicktund der umgebende Raum in geheimnisvolle
Dunkelheit gehüllt. |
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Frappierend, weie nun in den letzten Zuständen
die Position des rechten Beines erneut korrigiert wird und fast
wieder jener des ersten Entwurfes gleicht. Das ursprüngliche
Bein gehört nun zum Fauteuil. Interessant zu verfolgen ist,
wie die gut erkennbaren, gezielten Eingriffe mit Pinseltusche nun
auf der Platte umgesetzt wor-den sind.Der letzte, endgültige
Zustand ist daher geprägt von kräftigen, Kaltnadelschraffuren,
Vernis mou-Retuschen und tiefschwarzer Aquatinta:in verhüllend-enthüllender,
samtener Dunkelheit bietet eine kritisch den Betrachter musternde
nackte Frau diesem unverhohlen frontal ihre körperlichen Reize
an. |
Aquatinta letzter Zustand 1930 - 4/20 |
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